Anne Schäfer

ist Professorin für Sozial- und Gesundheitsrecht, Verfassungsrecht und Europäisches Berufsrecht. Sie ist Vorsitzende des Prüfungsausschusses für den Studiengang Sozialrecht und berät dort in Fragen des Nachteilsausgleichs. 12 Fragen und Antworten

Foto: Anne Schäfer

1. Was war ausschlaggebend dafür, dass Sie sich damals als Student*in für Ihr Fach entschieden haben? 

Rechtswissenschaften zu studieren, habe ich während meines anderen Erststudiums entschieden. Ich wollte ein umfassendes Verständnis von gesellschaftlichen Strukturen, Prozessen und Einflüssen auf den Einzelnen und unser Zusammenleben erhalten. Daher habe ich als Erststudium ein Magisterstudium mit dem Hauptfach Soziologie gewählt. In diesem Studium gab es Berührungspunkte mit den Rechtswissenschaften, z.B. bei der Frage, was Werte und Normen sind, wie sie entstehen oder in einem Seminar zu sozialen Problemen, in dem u.a. Kriminalität und Kriminalitätsfurcht thematisiert wurden. An den Rechtswissenschaften hat mich die Entstehung von Rechtsormen und deren Interpretation interessiert und speziell wie Demokratie, Freiheit und Gleichheit im Recht konzipiert sind.

2. Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei Ihnen aus?

Ich starte üblicherweise mit einem guten Latte Macchiato und der Lektüre einer überregionalen Tageszeitung in den Tag. Danach bearbeite ich Manuskripte, widme mich der Lehrvorbereitung, bereite Vorträge oder Forschungsanträge vor, schreibe Gutachten, korrigiere Prüfungen – je nachdem, was gerade Priorität hat; in der Vorlesungszeit stehe ich zudem in unterschiedlichen Lehrveranstaltungen in verschiedenen Fachbereichen an der Hochschule.  Mitarbeitendenmeetings, Studierendengespräche oder meetings mit Kolleginnen und Kollegen binden die ein oder andere Stunde. Zudem erhalte ich viele Emails, die bearbeitet werden wollen. 

3. Sind Sie eher der digitale Typ oder bevorzugen Sie die Präsenzlehre? 

Beides. Jedes bei passender Didaktik und erreichbarem Lernziel. 

4. Vor und nach Corona:

Was haben Sie in der Lehre der Corona-Pandemie gelernt?

dass es tolle digitale tools gibt, die Aufmerksamkeit viel begrenzter ist als in Präsenz und Menschen in echt ganz anders aussehen können als am Bildschirm. Für die Lehre habe ich u.a. neue Übungs- und Prüfungsformate entwickelt. Zudem setze ich seitdem vielmehr digitale tools ein, z.B. etherpads, digitale Pinwände, Umfragen, etc.

Was nehmen Sie aus der Corona-Panedmie für die Lehre mit?


 Dass digitale Lehre Präsenzlehre nicht ersetzen kann, aber in einem guten Konzept kombiniert werden kann und Studierenden ermöglicht, individueller zu lernen. Studierende werden vielfach nicht von den Eltern finanziert, sondern müssen nebenher erwerbstätig sein oder haben Kinder/Familie zu versorgen. Sie kümmern sich auch oft um soziale Probleme im Familien- und Freundeskreis. Das erfordert Lernformate bereitzustellen, die ihnen individuelles Lernen erlauben. Ich versuche das weiterhin auch mit der Einbindung digitaler Ergänzungsmaterialien möglich zu machen. 

5. Wenn Sie nicht Professor*in/Dozent*in wären, welchen alternativen Beruf hätten Sie ergriffen?

Sozialwissenschaftlerin.  Problem- oder Fragestellungen nachzugehen und Rätsel mit wissenschaftlichen Methoden zu lösen sowie mit jungen Menschen zu arbeiten, ist das Richtige für mich. Ich wollte nichts anderes machen. 

6. Wie können Sie am besten vom Alltag „abschalten“?

in Bewegung, bei einer Comedyveranstaltung oder bei einem guten Essen mit Freunden. Ich laufe gerne, gehe als Ausgleich zum vielen Sitzen auch schwimmen und mache Fitnesstraining, in der vorlesungsfreien Zeit bin ich gerne in den Bergen.

7. Was bringt Sie zur Weißglut?

wenn ich außer Haus Hunger habe und nicht das richtige Restaurant finde 

8. Worüber können Sie lachen? 

über guten Wortwitz und gute Comedy 

9. Wovon wurden Sie zuletzt überrascht?

von der Erzählung eines Abiturfreundes, der sich als Biologe mit der Messung und Simulation von Wachstumsbedingungen für Pflanzen im Klimawandel – speziell unter verschiedenen Luft- und Wasserzufuhrbedingungen – beschäftigt. Er berichtete u.a. von Pflanzen, die einem Druck von 30 bar standhalten, der unter der Erde in einem eigens entwickelten technischen Gerät erzeugt wird. 

10. Was begeistert Sie?

Zehnkampf, die Natur, die Ergebnisse der Hirnforschung und vieles mehr; negativ faszinierend habe ich in diesem Jahr wieder die Schnelligkeit des Gletscherrückgangs in den Alpen gesehen. Ich empfehle den Rhonegletscher zu besuchen, den man von innen besichtigen kann; noch eindrucksvoller ist die Schnelligkeit des Rückgangs des Gletschers am Mer du Glace (Chamonix).

11. Im sozialrechtlichen Bereich gibt es viele Brandherde. Welches Feuer würden Sie gern als Erstes löschen?

die Vorstellung, dass Umverteilung allein soziale Probleme lösen kann oder – ebenfalls zuweilen anzutreffen: dass das Recht in der Lage ist, soziale Probleme zu lösen, ohne sozialwissenschaftlichen und/oder ökonomischen Erkenntnissen ausreichend Rechnung zu tragen. Ich verstehe aber auch, dass der Gesetzgeber häufig politische Entscheidungen nach weiteren Kriterien fällt. Insgesamt sollten mehr Anreize dafür gesetzt werden, dass Menschen in schwierigen sozialen – gar existenziellen – Lagen durch bessere Strukturen befähigt werden können, ihre Lagen zu überwinden, dass Betroffene und nachfolgende Generationen erst gar nicht gefährdet werden bzw. das Risiko möglichst gering ist. Das erfordert aber mittel- und langfristige Ansätze.

12. Welchen Tipp würden sie einem*r angehenden Sozialrechtsstudent*in für ein erfolgreiches Studium geben? 

Seien Sie neugierig und interessiert und machen Sie das, wofür Sie brennen. Dann kommt alles andere von alleine. Vertrauen Sie auf sich. 

Über Anne Schäfer:

Anne Schäfer studierte Rechtswissenschaften (Abschluss: erstes Staatsexamen) in Düsseldorf und Köln sowie Soziologie, Politik- und Sportwissenschaften  (Abschluss: M.A.) in Düsseldorf. Sozialwissenschaftliche Veröffentlichungen von ihr sind in der Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform sowie in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie erschienen. Nach dem ersten Staatsexamen war sie am Institut für Staatsrecht der Universität zu Köln (Lehrstuhl Prof. Dr. Wolfram Höfling, M.A.) tätig.  Dort führte sie gemeinsam mit Wolfram Höfling u.a. die erste bundesweite Befragung von Vormundschaftsrichtern durch. Nach dem Referendariat und dem zweiten Staatsexamen war sie mehrere Jahre als Rechtsanwältin tätig und beriet u.a. in Gesetzgebungsverfahren. Während der Abfassung ihrer Dissertation im Verfassungsrecht (summa cum laude) führte sie am Europäischen Zentrum für Freie Berufe der Universität zur Köln (Prof. Dr. Martin Henssler)  eine europaweite Befragung von Ministerien und Verbänden zur beruflichen Regulierung der Heilberufe für den Europäischen Wirtschafts-und Sozialausschuss (EWSA) durch. Seit dem Jahr 2015 ist sie Professorin an der Hochschule Fulda und lehrt dort Sozial- und Gesundheitsrecht, Verfassungs- und Verwaltungsrecht. Sie ist Autorin verschiedener Monographien, Buchbeiträge, Kommentare und fachwissenschaftlicher Zeitschriftenaufsätze, die u.a. in den Verlagen Mohr Siebeck, Beck, Nomos und C.F. Müller erschienen sind.